Vorsicht Falle - Christoph Saunus

Durch eine falsche Fliesenverlegung kann schwerer Pilzbefall auftreten!

In den letzten Jahren kommt es bei Schwimmbädern aus wasserundurchlässigem Stahlbeton in Verbindung mit Verfliesungen verstärkt zu seuchenartigem Mikrobenbewuchs.

Die Folge sind Hygieneprobleme sowohl im Schwimmbadwasser selbst, als auch auf den Fugen und nicht selten auch im darunter befindlichen Fliesenbelag. Bakteriologische Untersuchungen haben ergeben, dass es sich bei den Mikroorganismen nicht um relativ harmlose Algen, sondern um gesundheitsgefährdende Pilze handelt.

Im Gegensatz zu Algen, die selbst nicht infektiös sind, sondern die Ansiedlung von Mikroorganismen fördern, oder im abgestorbenen Zustand Bakterien als Nährboden dienen, können mikrobielle Pilze durchaus als Krankheitserreger Infektionen (Mykosen) verursachen.

 

Die pathogenen Auswirkungen beim Menschen auf der äußeren Haut, den Schleimhäuten und inneren Organen hängen von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise vom Immunsystem des Badegastes oder der Hautbeschaffenheit.

Ein- und vielzellige Pilze haben einen Zellkern und ernähren sich über die Zellwände von organischen Substanzen.

Daher können dauerelastische Silikonfugen, Fliesenverfugungen mit organischen Bestandteilen und auch Fliesenmörtel, zum Beispiel mit nicht fachgerecht ausgehärteten Epoxidharzzusätzen durchaus als Nährstoffquellen dienen.

Bei Silikonfugen mit intensivem Pilzbefall hilft in der Regel nur eine vollständige Erneuerung des Silikons. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob man im privaten Schwimmbadbereich mit relativ kleinen Beckenabmessungen, wie es die Norm fordert, solche schadens- und zugleich wartungsträchtigen Dehnungsfugen tatsächlich benötigt.

Da es über das Phänomen dunkler Verfärbungen bei Fliesenfugen im Bereich von Schwimmbeckenwänden und –böden bis dato keine Fachpublikationen oder Hintergrundinformationen gab, hat man über die Ursachen und Hintergründe lange Zeit nur spekuliert.

Erschwerend kam noch hinzu, dass in Unkenntnis des tatsächlichen Ausmaßes zunächst versucht wurde, die Problematik jeweils projektbezogen anzugehen.

Ein „selbst durchlittener“ Schadensfall größeren Umfangs veranlasste den Autor zu einer umfangreichen Recherche bei Fliesenlegern, Schwimmbadbauern und der Zulieferindustrie, insbesondere der Verfliesungs-Produkthersteller.

Hierbei stellte sich dann heraus, dass die besagte Problematik nicht nur regional begrenzt ist, sondern flächendeckend bis weit über die deutschen Landesgrenzen hinweg geht.

Von dem sich innerhalb kürzester Zeit bisweilen explosionsartig ausbreitenden Pilzbewuchs sind häufig nicht nur Fliesenfugen, sondern teilweise auch der darunter befindliche Fliesenbelag betroffen.

Da die Problematik sowohl bei neu verfliesten privaten als auch bei öffentlichen Schwimmbecken auftrat, vermutete man zunächst als Schadensursache eine nicht fachgerecht funktionierende chemische Beckenwasseraufbereitung.

Nachdem der Pilzbefall auch bei nachträglicher Optimierung der Beckenwasser-Aufbereitungstechnologien in Verbindung mit sorgfältiger Reinigung und Desinfektion des gesamten Schwimmbeckenbereiches einschließlich der mit dem Beckenwasser in Berührung kommenden gesamten Anlagentechnik erneut auftrat, richtete man das Augenmerk verstärkt auf die Beckenverfliesung.

Hierbei ergab sich folgendes Phänomen: Bei Schwimmbecken mit traditioneller Zementverfliesung einschließlich Zementverfugung gab es jahrzehntelang keinerlei organische Fliesenbelagsprobleme.

Erst nach erfolgter Fliesensanierung mit Epoxidharzprodukten trat trotz Beibehaltung der bis dato hinlänglich bewährten Beckenwasseraufbereitung plötzlich Pilzbefall auf, der sich mit der Zeit weiter verstärkte.

Somit blieben die noch relativ neu auf dem Markt befindlichen Verfliesungsprodukte auf der Basis von Epoxidzusätzen respektive ihre nicht fachgerechte Verarbeitung in Verbindung mit ungünstigen Randbedingungen als eigentliche Schadensursache übrig.

Da sich die Experten inzwischen relativ sicher sind, daß der Mikrobenbewuchs auf den Fliesenfugen und im darunter befindlichen Fliesenbelag im engen Zusammenhang mit Epoxidharz-Zusatzprodukten steht, ist man sichtlich um Schadensbegrenzung bemüht.

Die Empfehlungen oder angedachten Maßnahmen gehen von der fachgerechten Schwimmbecken-Betonierung mit anschließender Reinigung und Desinfektion über die werkstoffkonforme Verfliesung bis hin zur optimalen Beckenwasser-Hydraulik in Verbindung mit einer chemisch wirksamen Beckenwasserdesinfektion.

Beim Betonieren von Schwimmbecken mit wasserundurchlässigem Stahlbeton gemäß DIN 1045 und anschließender Verfliesung gemäß DIN 18157 Teil 3 Ausführung keramischer Bekleidung im Dünnbettverfahren – Epoxidharzklebstoffe, gibt es folgende Richtzeiten:

Erläuterung:

Epoxidharz muß direkt nach der Verarbeitung vollständig aushärten, da später keine restlose Aushärtung des organischen Materials mehr stattfindet.

Bei nicht ausgehärteten Epoxidharz-Zusatzprodukten erfolgt eine permanente Ausdiffundierung von Polymeren, die wiederum einen ständigen Nährboden für Mikroorganismen bieten. Gleiches gilt sinngemäß auch bei nicht fachgerechter Vermischung und Verarbeitung von Zusatzprodukten auf Epoxidharzbasis.

Befinden sich außerdem unter dem Fliesenbelag unzulässige Hohlräume, besteht dort aufgrund des stagnierenden Wassers die Gefahr unhygienischer Brutstätten, da diese Bereiche nicht von desinfizierendem Beckenwasser mit erfaßt werden.

Als Grundvoraussetzungen für eine fachgerechte Verfliesung mit Produkten auf Epoxidharzbasis sind folgende Maßnahmen zu empfehlen:

  • Fachgerechter Betonuntergrund mit ausreichender Oberflächenfestigkeit und –haftung, sowie Ebenheit entsprechend DIN 18202.
  • Beckendesinfektion vor der Verfliesung. Die verwendeten Verfliesungsmaterialien müssen den Hygieneforderungen der Bäder-DIN 19643 entsprechen, z. B. den KSW-Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes und dem DVGW-Arbeitsblatt W270.
  • Die Verfliesungswerkstoffe erfordern eine Chlorbeständigkeit gemäß den Hygieneparametern der Bäder-Norm DIN 19643 im pH-Wert-Bereich von 6,5 bis 7,6, bei Meerwasser bis 7,8.
  • Eventuelle Mörtelreste in Fliesenfugen sind zu entfernen, um eine fachgerechte Verfugung in Plattendicke zu ermöglichen.Es sind die Aushärtezeiten des Verfugungsmaterials zu beachten, sowohl was die mechanische Belastung betrifft, als auch die chemische Beanspruchung in Abhängigkeit der Raum- oder Materialoberflächentemperaturen.
  • Die Verfliesungsmaterialien dürfen weder in unzulässiger Weise mit Sand gestreckt noch mit Wasser verdünnt werden. Zwecks Sicherstellung einer optimalen Beckenhydraulik beträgt die zulässige waagerechte Höhenabweichung bei der Überlaufrinnenkante auf der Gesamtlänge gemäß Bäder-Richtlinien und Schwimmbad-Norm 19643 max. 2 mm.
  • Zur Sicherstellung einer fachgerechten Aushärtung von Epoxidharz-Verfliesungsmaterialien sollte die Mindesttemperatur während der Verfliesungsarbeiten möglichst nicht unter 10 Grad Celsius betragen. Unter diesem Temperaturniveau beginnt nämlich der Epoxidharz, wie man in der Fachsprache sagt allmählich „einzuschlafen“. Bei + 5 Grad Celsius liegt dann die endgültige Verarbeitungsgrenze.

Zum Thema Mängelbeseitigung folgende Anmerkung:

Unzählige Schadensfälle sowie auch die eigene Sachverständigen-Tätigkeiten bestätigen, daß bei Schwimmbecken mit fortgeschrittenem mikrobiologischen Pilzbefall sowohl im Verfugungsmaterial als auch im darunter befindlichen Fliesenmörtel in der Regel eine Sanierung durch komplette Entfernung des befallenen Verfliesungsbereiches notwendig ist.

Bevor man sich jedoch für diesen Schritt entscheidet, ist es zwecks Klärung der Situation grundsätzlich sinnvoller, eine mikrobiologische und bauphysikalische Untersuchung an einer exponierten, vom Pilz befallenen Verfliesungsprobe bei einem renommierten Bauinstitut durchführen zu lassen.

Da, wie bereits erwähnt, beim Einsatz von Epoxidharzzusätzen im Verfliesungsbereich auch die Randbedingungen stimmen müssen, hierzu noch einige ergänzende Hinweise:

Voraussetzung für eine fachgerechte Beckenwasser-Desinfektion ist eine weitgehend einwandfreie Beckenhydraulik. Damit der mit Desinfektionsmittel angereicherte Filterwasser-Umwälzvolumenstrom möglichst das gesamte Schwimmbeckenwasser erfaßt, ist bei Überlaufrinnen eine möglichst waagerechte Überlaufrinnenkante erforderlich.

Die Höhenabweichungen dürfen auf der Gesamtlänge laut Bäder-Richtlinien und Schwimmbadnorm DIN 19643 maximal 2 mm betragen.

Eine Schwimmbecken-Wasseraufbereitung auf der Basis von Chlor wie im öffentlichen Bäderbereich gemäß DIN 19643 zwingend vorgeschrieben, ist in Verbindung mit fachgerecht verarbeiteten Epoxidharz-Verfliesungsmaterialien in der Regel unproblematisch.

Bei chlorfreien, in Privatschwimmbecken verstärkt zum Einsatz kommenden Alternativen mit sogenannten „weichen“ Desinfektionsmitteln, wie zum Beispiel Aktivsauerstoff oder bei chemiefreien, rein physikalischen Desinfektionen ist aufgrund der fehlenden Depot-Desinfektionsmittelwirkung im Beckenwasser allerdings Vorsicht geboten.

Einige Hersteller von Verfliesungsmaterialien übernehmen daher neuerdings für ihre Produkte auf Epoxidharzbasis bei chlorfreier Beckenwasserdesinfektion keine Gewährleistung mehr, sondern empfehlen statt dessen wieder die Verwendung konventioneller Zementprodukte.

Die Nachteile dieser Werkstoffe im Schwimmbad sind hinlänglich bekannt. So neigen anorganische Zement-Verfliesungswerkstoffe bisweilen zu Ausblühungen, sie sind außerdem nicht sehr widerstandsfähig gegen Säuren und auch empfindlich gegenüber dem Einsatz von Hochdruckreinigungsgeräten.

Sie besitzen aber aufgrund ihrer Alkalität antibakterielle Eigenschaften. Folglich gab es früher auch nicht die mikrobiologischen Pilzprobleme in Schwimmbecken, wie es heute bisweilen der Fall ist.

Nachdem man inzwischen die Ursachen des Pilzbefalls in Schwimmbecken kennt, sind Architekten, Fachplaner und ausführende Gewerke, insbesondere jedoch das Fliesenhandwerk gefordert, größte Sorgfalt beim Bau von Stahlbeton-Schwimmbecken mit Verfliesungen auf Epoxidharzbasis walten zu lassen.

So kann der Schwimmbad-Betreiber die Vorzüge, die der Epoxidharz aufgrund seiner hervorragenden chemischen Widerstandsfähigkeit und der sehr hohen mechanischen Festigkeit zweifelsohne bietet, auch problemlos nutzen.

Dieser Artikel ist in Ausgabe 24 des pool Magazins erschienen.

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