Durchgängige Sorgfalt erforderlich
Hygienische Mikrobenprobleme bei Schwimmbadverf liesungenSchwimmbäder sind nach wie vor leider immer noch einer der schadensträchtigsten Baubereiche. Dieses gilt, unabhängig von den verwendeten Werkstoffen, besonders für die Schwimmbecken selbst. Denn jedes Material hat Vor- und Nachteile bzw. seine Material bezogenen Grenzen, ob Metall (Edelstahl), Kunststoff (Polyester o. ä.) oder Betonbecken in Verbindung mit Verfliesungen oder anderen Auskleidungswerkstoffen. Darüber hinaus sind die Anforderungen an die Schwimmbadmaterialien in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Dieses gilt für die Hygieneanforderungen ebenso wie für die Betriebsbedingungen; Erschwerend kommt noch hinzu, dass beispielsweise im Privatschwimmbadbereich im Gegensatz zu den in öffentlichen Schwimm- und Badebädern zwingend geforderten, altbekannten und praxisbewährten Chlor-Desinfektionsmitteln neuerdings immer häufiger eine Vielzahl chlorfreier Alternativprodukte zum Einsatz kommen. Das hochkarätig kontaminierte Thema Pilze sowie die in jüngster Zeit verstärkt auftretenden mikrobiologischen Probleme im Bereich der Schwimmbeckenverfliesung und den sogenannten druckwasserhaltigen Spachtelabdichtungen zwingen die Verfliesungs-Produkthersteller und ausführenden Fliesenfirmen, sich künftig intensiv mit diesem sehr komplexen Hygienethema auseinander zu setzen. Daher geht der Autor als praxiserfahrener Planer, Anlagenbauer, Fachbuchautor ("Planung von Schwimmbädern") sowie ö. b. u. v. Gutachter für Schwimmbadanlagen aus der Sicht der Bädertechnik praxisbezogen auf die geschilderte Problematik näher ein. BauvertragsituationBekanntlich haben die Baugewerke im Allgemeinen und das Fliesengewerk im Besonderen nicht selten erhebliche Probleme mit dem Bauvertragsrecht. Das beginnt mit den Vertragsvereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, z. B. Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) oder Bundesgesetzbuch (BGB). Ist nicht ausdrücklich die VOB vereinbart, gilt automatisch das BGB mit 5 Jahren Gewährleistung, neuer Begriff Verjährungsfrist, statt 4 Jahren VOB. Es geht weiter mit den Ausschreibungsgepflogenheiten hinsichtlich der zu verwendenden Werkstoffe und Materialien und der Pflicht schriftlicher Bedenkenanmeldung. Diese Hinweispflicht gilt besonders dann, wenn z. B. die ausgeschriebenen Materialien nicht ausreichend geeignet oder gar ungeeignet sind aufgrund fehlender Zertifizierungen, Prüfzeugnissen o. ä., die vorgegebenen Ausführungszeiten nicht den Vorgaben der Materialhersteller entsprechen usw. Häufig sind auch die bauseitig zu erbringenden Leistungen nicht zweifelsfrei definiert, wie z. B. klimatische Bedingungen, Schutzmaßnahmen, der Einbau druckwasserhaltiger Beckenabdichtungen mit den Anschlussausführungen der Beckeneinbauten, das gewählte Beckenwasser-Aufbereitungsverfahren respektive Beckenwasser- Desinfektionssystem usw. Schlussendlich findet häufig leider auch immer noch nicht die offizielle schriftliche Abnahme mit den äußerst wichtigen Bauvertragsauswirkungen wie Beweislastumkehr, Schlussrechnungsanspruch, Beginn der Verjährungsfrist bzw. Gewährleistung etc. entsprechende Beachtung. Darüber hinaus wird in den seltensten Fällen die unbedingt notwendige und bauvertraglich geforderte Betriebs und Pflegeanleitung bei der Abnahme schriftlich dokumentiert dem Auftraggeber offiziell übergeben. Dieses gilt auch für die Materialhersteller, die vertragrechtlich verpflichtet sind, den ausführenden Fliesenfirmen nicht nur Datenblätter, Prüfzeugnisse und Verarbeitungsanweisungen für ihre Produkte zur Verfügung zu stellen, sondern darüber hinaus auch einzuhaltende Betriebsbedingungen sowie Pflege- und Wartungsanleitungen. Sinnvolle Zusatzsicherheiten für ausführende Fachfirmen bieten bei produktspezifischen Schadensfällen sogenannte Gewährleistungsvereinbarungen zwischen den Produktherstellern und den jeweiligen Verbänden, wie seit Jahren in bestimmten Baufachbereichen sehr erfolgreich praktiziert, z. B. in der Sanitär- , Heizungs- und Lüftungsbranche. VertragsgrundlagenVertragsgrundlage zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist das bereits vorstehend näher beschriebene Bauvertragsrecht. NormforderungenNicht von ungefähr enthält daher die DIN 19643 im Teil 1 hinsichtlich der Werkstoffeignung sinngemäß folgende Hygieneforderungen:
Punkt 6.4 Wasserbenetzte OberflächenMaterialien, die mit dem Schwimmbadwasser in Berührung kommen, z. B. Bekkenauskleidungen, Mörtelfugen, Fugendichtstoffe etc. dürfen die Wasserbeschaffenheit nicht beeinflussen und müssen gegenüber der physikalischen Wasserbeschaffenheit und dem Aufwuchs von Mikroorganismen und Phytoplankton indifferent sein. Dann folgt noch der sehr wichtige Hinweis: "Siehe auch Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes (BGA) zur Eignungsprüfung für Kunststoffmaterialien im Schwimm- und Badebeckenbereich, KSW"
Punkt 10. Anforderungen an die Aufbereitung (Auszug)Anlagenteile, die mit Beckenwasser in Kontakt stehen, müssen den Anforderungen einer hygienischen, bakteriologischen und toxikologischen Unbedenklichkeit (siehe KSW-Empfehlung des Bundesgesundheitsamtes und DVGWArbeitsblattW270) entsprechen. Normauswirkungen
Wie aus dem obigen Kontext zweifelsfrei ersichtlich, gelten die genannten Forderungen somit auch für Verfliesungsprodukte, d. h. für Verfliesungs- und Verfugungsmaterialien sowie druckwasserhaltige Flüssigspachtelabdichtungen mit Kunststoffanteilen, sofern diese Produkte in öffentlichen Schwimm- und Badebecken verwendet werden. Den Begriff "öffentliche Bäder" definiert die DIN 19643 dahingehend, dass Schwimm- und Badebecken einschließlich Whirlpools lediglich mit Ausnah me von Einfamilienbädern, ansonsten alle als "öffentlich" gelten. Da das Schwimmbeckenwasser in Einfamilienbädern selbstverständlich auch hygienisch unbedenklich sein sollte, dürfen folglich von den Verfliesungsprodukten auch hier keine negativen Beeinträchtigungen der Wasserqualität ausgehen. Inwieweit Architekten, Planer und ausfuhrende Fliesenfirmen Normforderungen im Sinne von Hygiene-Correctness in der Praxis tatsächlich berücksichtigen bzw. umsetzen, bleibt jedem selbst überlassen. Tatsache ist, dass es Produkthersteller gibt, die für ihre Verfliesungsmaterialien die genannten KSW- und DVGW-Arbeitsblatt W 270 Zertifizierungen haben. Auch wenn die fachgerechte, häufig unter Baustellenbedingungen nicht ganz einfach auszuführende Verarbeitung gemäß den Angaben der Produkthersteller ein nicht zu unterschätzendes Erfolgsrisiko beinhaltet, bieten zusätzliche Hygiene-Zertifizierungen zweifelsohne eine gewisse Sicherheit insbesondere dann, wenn beispielsweise mikrobiologische Verfliesungsprobleme auftreten. Würde man die vorstehenden Normforderungen auch auf die in Schwimmbädern verwendeten Fliesenmaterialien selbst übertragen, gäbe es wohl nicht die zur Zeit anstehende Hygienediskussion bei Mosaikverfliesungen. Denn wenn die Klebstoffe zur Befestigung der rückwärtigen Netzverklebungen oder vorderseitigen Papierverklebungen wie vermutet tatsächlich organische Produkte wie z.B. Zellulose o. ä. enthalten, die dann wiederum verarbeitungsbedingt in der Verfliesung als Nährstoffquelle für Mikroorganismen dienen, wäre dieses eine plausible Erklärung für die zur Zeit verstärkt auftretenden Pilzprobleme mit Mosaik in Schwimmbädern. Dieses ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es auch mit anderen Fliesenbelägen Hygieneprobleme gibt. Wie die bisherigen Ausführungen eindrucksvoll verdeutlichen, gibt es zwischen der Verfliesung in normalen Nassbereichen und dauerbelasteten Unterwasserbereichen von Schwimm- und Badebecken gravierende Unterschiede sowohl hinsichtlich der Materialanforderungen als auch was deren fachgerechte Verarbeitung betrifft. Dieses erfordert zwangsläufig eine entsprechende Differenzierung seitens der Industrie nicht nur, was die Materialeignung betrifft, sondern auch bezüglich ihrer Produktbeschreibungen und Verarbeitungshinweise. So gibt es, bis auf wenige Ausnahmen, von Verfliesungs-Produktherstellern so gut wie keine konkreten Vorgaben über die bauseits einzuhaltenden chemischen und mikrobiologischen Bekkenwasser- Qualitätsparameter wie z. B. pH-Wert, Säurekapazität, Desinfektionsmittelkonzentration, Redoxpotential. Auch nicht über die zu verwendenden Desinfektionsmittel selbst, beispielsweise Chlor, Ozon, Brom, Silber, Wasserstoffperoxid, UV-Licht usw. Die DIN 19643 nennt übrigens im Teil 1 Tabelle 2 "Anforderungen an das Schwimmbeckenwasser", wobei hier die Chlordesinfektion zwingend gefordert wird. Wenn die Produkthersteller in ihren Merkblättern keine eindeutigen Beckenwasser- Anforderungskriterien nennen und auch Fliesenleger nicht rechtzeitig dem Auftraggeber schriftlich konkrete Betriebshinweise, ihre Verfliesung betreffen, mitteilen, liegt eine vertragsrechtliche Bringschuld vor, die im Schadensfall für den Auftragnehmer durchaus gravierende Negativauswirkungen haben kann. Tatsache ist, und darüber sind sich die Fachleute inzwischen einig, dass mikrobiologische Probleme aufgrund von Nährstoffquellen im Verfliesungsmaterial, sprich organischen Inhaltsstoffen, durch entsprechende Beckenwasseraufbereitung respektive Desinfektion weder nachhaltig zu verhindern noch ernsthaft zu beseitigen sind. Dieses hängt auch damit zusammen, dass in den besagten Mikrobenbereichen kein Austausch mit desinfektionsmittelhaltigem Beckenwasser stattfindet, sondern hier ständig ein organismenförderndes Milieu mit, drastisch formuliert, stagnierendem Brackwasser herrscht. Im Schadensfall kommt nach derzeitigen Erkenntnissen bei einer notwendigen Sanierung - so schlimm es klingt - in der Regel nur eine vollständige Erneuerung der Verfliesung in Betracht.
Druckwasserhaltige Abdichtungen im VerbundAuf den Sinn und Zweck von druckwasserhaltigen Abdichtungen im Fliesenverbund bei wasserundurchlässigen Stahlbeton- Schwimmbecken (WU-Beton) gemäß DIN 1045 wird bewusst nicht näher eingegangen. Anmerkung: Ich persönlich sehe bei normalem Beckenwasser und fachgerechtem WU-Beton gemäß Merkblatt 25.04 "Schwimmbecken aus Stahlbeton" von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen keine diesbezügliche Notwendigkeit. Unabhängig davon werden aufgrund eigener gutachterlicher Erkenntnisse die mit diesen Abdichtungssystemen verbundenen Problemrisiken näher beschrieben. Die sogenannten Alternativabdichtungen im Fliesenverbund mit Dichtschlämmen entsprechen bekanntlich nicht der DIN 18195 "Bauwerkabdichtung". Da diese Abdichtungen nicht normkonform sind, bedürfen sie einer besonderen bauvertraglichen Vereinbarung. Hinsichtlich der Hygienekriterien wird nochmals auf die bereits ausführlich beschriebenen Normforderungen der DIN 19643 hinsichtlich der KSW und DVGW-Arbeitsblatt W 270 Zertifizierungen besonders hingewiesen. Des Weiteren gibt es seit April 2002 bauaufsichtliche Prüfzeugnisse von autorisierten Instituten für flüssig zu verarbeitende Abdichtungsstoffe im Verbund mit Fliesen- und Platten belägen. Abweichend von ZDB-Merkblatt "Keramische Beläge im Schwimmbadbau" gelten hier für Wand- und Bodenflächen von Schwimmbecken die Kriterien der Beanspruchungsklasse B. Wer statt der Dünnbettverfliesung gemäß DIN 18157 im Verbund bei Flüssigabdichtungen eine Dickbettverfliesung wählt, muss wissen, dass es vom ZDB-Merkblatt "Keramische Beläge im Schwimmbadbau" Punkt 2.3.1.4 "Ansetzen und Verlegen der Fliesen und Platten" abweicht, mit den sich im evtl. Schadensfall daraus ergebenden Folgen. Probleme bei Abdichtungsdurchdringungen
Fachgerechte Los-Festflanschdurchdringungen
Schlussbetrachtung
Literatur: Fachbuch: Planung von Schwimmbädern, Christoph Saunus Christoph Saunus Sanitär + Heizungstechnik 4 / 2005 |